Wie Sarah ihren Traum verwirklichte und heute Tiertherapeuten bei der Verwirklichung ihrer Träume hilft

Das Anders im Leben war für mich das Normal und mein Leben ohne staatlich anerkannten Beruf. Die am häufigsten gestellte Frage an mich: Wie kommst du dazu ein Ausbildungszentrum zu gründen? Wie bist Du Tiertherapeutin geworden? Uns würde die Geschichte, die hinter Dir steckt, interessieren.

Also hier bin ich: Mein Name ist Sarah Mergen, ich bin 40 Jahre und bin SaTieropathin. Klingt nach Selbsthilfegruppe und Psychopath. Naja, sowas in der Art, denn ich bin Tiertherapeutin, die das Leben liebt, sich selbst nicht so ganz ernst nimmt und die Welt lustig macht. Ich leite das Ausbildungszentrum für Tiertherapeuten und bin zudem noch in Vollzeit als Mama und Ehefrau angestellt.

Mein liebstes Hobby ist Arbeit, Arbeit und Mehrarbeit. Meine weiteren Hobbies sind Schreiben, Malen, Sport und Gärtnern. Ach ja: Ich wäre gerne auch Eiskunstlauf-Prinzessin, aber aufgrund meiner fehlenden Grazie habe ich diesen Traum- zumindest in diesem Leben ad acta gelegt.

Nun zu meiner persönlichen Geschichte: Warum bin ich zu dem geworden, was ich bin? Ein für mich ganz normaler Wahnsinn –für viele andere purer Irrsinn.

Welcher Beruf soll es werden?

Kommunikationsdesign, Fotographie, Kunst – mit so allen möglichen Berufen schlug ich bei meinen Eltern nach dem Abschluss an der Kunst-FOS auf. Bei jedem Vorschlag sagte mein Papa: „Kind, Du musst nicht irgendeinen Job finden, sondern Deinen Herzensberuf. Wir haben nicht die finanziellen Möglichkeiten Dich bei Sachen zu unterstützen, die nicht Deine Berufung sind. Also geh raus und finde ihn.“ Wie immer fand ich es blöd, dass meine Familie andere Wege ging. Warum konnte ich denn nicht - wie alle anderen - einfach einen „normalen“ Beruf erlernen? Alle meine Freunde wussten haargenau, was sie wollten und in meiner Familie musste immer alles ein Grundsatz sein und immer alles anders. Mir reichte es mit Anders! Für mich war das Anders das Normale, was für Andere aber anders war. Normal war für mich mit einem halben Jahr nach Italien zu ziehen, mit Eltern, die die Sprache nicht sprachen und unser neues Wohndomizil in der Süddeutschen Zeitung per Grundstückskleinanzeige auswählten. „Ruine in der Toskana zu verkaufen“ stand da in Druckbuchstaben in der sonntäglichen Ausgabe. Diese Zeilen 1983 reichten aus, um eine massive frühkindliche Prägung auszulösen.

Denn noch heute erzeugen Schilder und Anzeigen auf denen „Vendesi“ – auf Deutsch „Zu verkaufen“ steht, einen hohen Blutdruck. Was aber aus rein gesundheitlichen und therapeutischen Aspekten für mich perfekt ist, denn so schaffe ich es meinen von Natur aus sehr niedrigen Blutdruck nach oben zu regulieren. Normal war für mich nicht zu heiraten, taufen ließ man sich nicht einfach so, denn das sollte man selbst entscheiden, bei uns gab es das Brot nur der Vollkornvariante und die Tiere waren unsere Freunde, die wir nicht aßen. Unsere Bibel war das Werk von Detleffson: „Die Krankheit als Weg“ und Hildegard von Bingen war stets mit uns – in Bingens Namen Amen. Als ich dann mit vier Jahren wieder ins tiefste Oberbayern zog, merkte ich schon, dass irgendwas mit meiner normalen Welt nicht stimmte. So aber nun genug vom frühkindlichen Geplänkel. Ich zog nach meinem Abitur los und meine Reise begann in den Bavaria Film Studios. Ich startete in der Requisite bei den Rosenheimcops und als türkische Putzfrau in Statistenrolle und reiste durch Bayern. Meinen Ausflug durch Film und Fernsehen endete im Büro bei einer weihnachtlichen Sat 1 Produktion.

Image

Nach diversen Ausflügen als Verkäuferin in Klamottenläden, Barkeeperin bis hin zum Callcenter für Wirtschaftsbriefe, wusste ich endlich, was ich nicht wollte! Denn dies war zwar kein Sabaticaljahr aber ein: „Now i know what Shint i won´t du“ Jahr“. „Ich werde Tierheilpraktikerin“ meine Eltern lächelten mit dem Gesicht und dem Herz gleichzeitig. Heute, selbst als Mama, frage ich mich: War es das Lächeln „Na habe ich‘s doch gewusst, gut, dass ich das alles durchgestanden habe oder das Lächeln „Puh, noch einmal gut gegangen. Lange hätte ich nicht mehr durchgehalten mit diesem ungeduldigen Sturschädel.“ Kurz um, ich lernte jetzt was im Wochenendstudium, was faktisch weder Beruf noch irgendwelche Zukunftsaussichten beherbergte und machte eine Ausbildung, die ich mir selbst finanzieren musste. Wenn man seinen Herzensweg geht, kommt der Rest von alleine, sagten Papa und Mama. Im Nachhinein erfuhr ich von all den wilden Prophezeiungen von den ganzen selbsternannten Erziehungsprofis, die meinen Eltern in den Ohren lagen: Na ihr werdet schon sehen, was ihr von Eurem Erziehungsstil habt.

Auf dem Weg zum Traumberuf Tierheilpraktikerin

Im Schönschriftheft gehen mindesten dreiviertel der Sumsifleißbienchen auf Euer Konto, bei jedem noch so kleinen Hüsterer bleibt das Kind bei Mama daheim, den ersten Vollrausch habt ihr auch noch toleriert und jetzt nachdem das Kind ein Jahr rumsantelt hat, lernt sie noch nicht mal einen Beruf mit dem sie später mal was anfangen kann. Und ab in die Schublade unselbständig, früh schwanger, Sozialhilfe. Aber das Gegenteil traf ein, denn erstmalig in meinen Leben lernte ich meinetwillen, ich war fleissig und ich war gut. Ich fühlte Motivation und Wissenshunger, den ich in der Schule nie erfuhr. Es war mir egal was kam, denn in mir spürte ich, ja genau das ist es, was ich will. Bei meiner ersten Wochenendvorlesung richtete ich schon im Geiste meine Praxis ein, leider half mir das aber nicht durch die Prüfung. Jede Faser in mir war überzeugt, niemals zu bestehen. Und dass, obwohl ich mein komplettes Leben darauf ausgerichtet hatte: Meine Wohnung glich der eines Demenzkranken, der sich überall Merkzettel hin klebt, um nichts zu vergessen. Es hatte durchaus einen dekorativen Aspekt, die Inneneinrichtung meines 35 qm Appartements mit bunten Zetteln aufzuwerten - eine bunte Erkenntnis über Rotz, Recht, Rinderwahnsinn und Geschlechtskrankheiten. Ich musste nun nicht mehr mit Anatomiebüchern schlafen gehen, ich durfte wieder völlig ohne schlechtes Gewissen mit einer einfachen Wärmflasche ins Bett gehen, die nicht vollgekritzelt war mit anatomischen Lagebezeichnungen. Und meine Katze Sassolina war hocherfreut, dass ich sie nun nicht mehr ständig anatomisch analysierte. Und natürlich hatten meine ganz normalen Eltern dafür auch wieder mal eine logische Erklärung: Auf der Schwelle der Erfüllung stirbt die Sehnsucht. Also dann entweder nie die Schwelle überschreiten oder es musste eine neue Sehnsucht her. Ich wollte als Tierheilpraktikerin mit eigener Praxis arbeiten.

Nach Gründung meiner Selbständigkeit musste ich mir jetzt nur noch so richtig Druck machen. Dies ging ganz einfach, denn für Geld ausgeben, was man nicht hat, benötigt es keine zertifizierten Fähigkeiten. Es läuft einfach so raus. Mein Businessplan verriet mir: Genau drei Monate hast Du Kohle, um das zu überleben. Das reichte vorerst als Druck. Gemeinsam mit meinen Eltern baute ich das heruntergekommene Nebenzimmer zu einer Vorzeigepraxis aus und in den hochprofessionellen Wänden steckte echtes Rigibs und die Plexiglaswände mit seinen edlen Alutägern waren aus einer Messeauflösung. Der Edelstahluntersuchungstisch mit Auflage war aus der Schnäppchenecke zum Mitnehmen. Der XT3000, wie wir Ihn nannten, mimte ein futuristischen Untersuchungstisch mit Rollen in Kniehöhe für die großen Hunde und schwenkbaren Arm für die Rotlichtlampe und war in Wahrheit ein kleiner nicht gewollter Fernsehtisch aus der Ikea Mitnehmzentrale. Es konnte beginnen und es begann, denn wieder mal im Leben hieß: Es gab nicht die Möglichkeit, dass es nicht klappt, also muss es klappen.

Image

Happy End

Innerhalb der ersten drei Monate gewann meine Praxis an unglaublichem Zuwachs und ich musste meinen so heißgeliebten Job als Wirtschaftbriefverkäufer an den Nagel hängen. Das war schade, denn die Meinungsumfragen, die ich außerdem noch in meiner Stellenausschreibung hatte über Klobrillen und Spülungen gingen mir nicht ganz am Arsch vorbei. Obwohl dieser Weg manchmal auch nicht der schlechteste ist. Nun war ich voll und ganz SaTieropath und war durch und durch selbständig. Ganze drei Monate hatte ich in die gesetzliche Rente eingezahlt, das machte mich tatsächlich richtig normal.