"Sie liebt mich, sie liebt mich nicht"

Dieses Spiel mit den Blütenblättern vom Gänseblümchen, Bellis perennis, kennt beinahe jeder. Nur wenige aber wissen, dass in der verbreiteten und robusten Pflanze Heilkräfte schlummern. Das hat sich wohl geändert: 2017 war das unscheinbare Blümchen Heilpflanze des Jahres. „Schön das ganze Jahr“ ist die wörtliche Übersetzungen und leitet sich vom lateinischen Wort bellus ab, das hübsch und schön bedeutet. Der Beiname perennis bringt zum Ausdruck, dass die Pflanze ausdauernd, also von März bis November blüht. Der deutsche Name bezieht sich wohl auf seinen Standort, der sich in vergangenen Zeiten mit den Weideplätzen der Gänse deckte. Bellis perennis ist eine mehrjährige, krautige Pflanze, gehört zur Familie der Korbblütler und ist ursprünglich in Mitteleuropa und Amerika beheimatet.

So zart und doch so robust

Blickt man im Frühjahr auf die Wiesen und in die Gärten, so zaubert uns dieses kleine Pflänzchen immer ein Lächeln ins Gesicht. Zarte und feine Blütenblätter umfassen den gelben Blütenstand. Betrachtet man das filigrane Gänseblümchen in seiner Form, so erwartet man alles, aber keinen harten und unvernichtbaren Zeitgenossen. Bereits im 18. Jahrhundert versuchte man das Kraut wegen seiner abortiven Wirkung auszurotten. Noch in Jahreszeiten, wo Nachtfrost vorherrscht, kämpft es sich trotz widerer Temperaturen aus dem Boden. Dabei erträgt es Temperaturen bis minus 15 °C und stellt fast keine Ansprüche an den Boden. Auch kein Gärtner mit dem gewissenshaftesten Rasenmäher kann dieses kleine Gänschen beeindrucken. Sie sind klug: kommt der Rasenmäher oft, dann ducken sie sich und blühen flacher, wird die Wiese selten gemäht, wachsen die Stängel länger. Und bereits am nächsten Tag entstehen neue Knospen und Blätter, daher wird es als Symbol der Beständigkeit und des ewigen Lebens gesehen. 

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Heilpflanze der Weiblichkeit

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Ein Vergleich mit der Weiblichkeit kann hier durchaus angebracht werden, denn bedenkt man, was Frauenkörper leisten können. Geburt als Urgewalt und kurz danach volle Regeneration. Die Gebärmutter bildet sich meist klaglos zurück und Scheidenrisse heilen. Wenn es dabei zu Komplikationen kommt, ist Bellis eines der Mittel der Wahl, mit denen wir unterstützen können. 

Laut christlicher Mythologie zufolge soll die Pflanze aus den Tränen der Jungfrau Maria entstanden sein. Auch hier sieht man die Zuordnung zur puren Weiblichkeit. Es heißt, sie gebe unserem Geist das Kindliche zurück. Später wurde dieses Blümchen im Norden auch als „Auge Baldurs“ bezeichnet. Baldur ist in der Makkes Mythologie der Gott der Reinheit, Schönheit und der Gerechtigkeit. Ein kleines Blümchen mit großer Geschichte.

Bellis in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Die irische Antwort auf Bellis ist: „It´s our Arnica.“ Während bei uns zu lande bei allerlei Verletzungen Arnica verabreicht wird, nehmen die Iren das Bellis stattdessen.

Bellis ist das Arnika der Gebärmutter und der Brust. In der Homöopathie wird sie als die kleine Schwester der Arnika bezeichnet. Nun, die große „Schwester“ kennen viele, aber Bellis perennis muss sich wirklich nicht verstecken. Während Arnika bei großflächigen Quetschungen, Prellungen und Verletzungen der Weichteile eingesetzt wird, setzt man das Gänseblümchens spezifisch für punktuelle Verletzungen und lokales Wundheitsgefühl ein. Die zum Teil nicht abgegangene Plazenta (Mutterkuchen), die Nachblutungen verursacht, der Muttermundriß und der Dammriss, der Wochenfluss (Lochien) nach der Geburt und die Gebärmutterrückbildung, bei Schmerzen durch Kindsbewegungen oder Nachwehen - bei all diesen Fällen kann Bellis ein wahrer Segen sein. 

Aber Bellis ist nicht einfach nur ein Verletzungsmittel, sondern hat eine große und tiefe Wirkung, wenn es um seelische Themen der Frauen geht. Wenn eine Schwangerschaft kein gutes Ende nimmt und der Verlust als traumatisch erlebt wird oder es ums Thema Vergewaltigungen geht - der Einsatz ist breit. Das Gefühl, nie wieder „guter Hoffnung“ zu sein, wund im Bauch und im Herzen, der Körper und Geist fühlt sich getreten und niedergequetscht an, genauso wie sich das Gänseblümchen fühlt. Genau hier kann das Bellis wieder Stärke und Mut geben, seinen Kopf wieder zu heben, seinen Körper aufzurichten und wieder stark zu werden. Da helfen die Tropfen der Urtinktur Bellis perennis beispielsweise von der Firma Ceres. „Heile, heile Gänschen, es ist bald wieder gut“ - das Gänseblümchen auf der Wiese verhilft zu Resilienz, Zuversicht und gibt Vertrauen in den Körper.

Gerade im Tierbereich, wenn man sich das Leben in der Zucht oder sich in der Landwirtschaft umsieht, gibt es ein großes Einsatzfeld für diese Pflanze. So sieht man Tiere, denen nach der harten Geburt das Kind entrissen wird, die nach kurzer Zeit wieder trächtig werden müssen, die auf Hochleistung gezüchtet werden und dann noch oft in widrigen Lebensbedingungen, Leid und unglaublichte Situationen ertragen müssen.

Bellis perennis heilt Verletzungen im Bauch- und Beckenbereich, der Mammae. Ein zentrales Leitsymptom ist das Wundheits- und Prellungsgefühl im ganzen Körper, besonders aber im Beckenbereich bzw. in der Bauch- und Gebärmutterwand. Das Charakterbild der Bellispathologie ist geprägt von der Causa der Überanstrengung, Erschöpfung und kalter Nässe. Charakteristisch sind ebenfalls die Muskelschmerzen durch Überanstrengung sowie die Neigung zu Furunkeln an der Haut. Dabei besteht der Drang sich an der frischen Luft zu bewegen.

Welche Mittel sind zu differenzieren?

  • Im Wundbereich gibt es einige prägnante Mittel. Arnica montana, Calendula officinalis, Hypericum perforatum, Ledum palustre, Staphisagria, Symphytum officinale sind gerade in diesem Bereich einige Mittel, die es auch differentialdiagnostisch abzuklären gilt.
  • Der Bewegungsapparat spricht ebenfalls gut auf Bellis an. Einige andere Mittel erfahren Besserung bei der fortgesetzten Bewegung und Reiben: Conium maculatum, Drosea rotundifolia, Dulcamara, Ferrum metallicum, Lycopodium clavatum, Magnesium carbonicum, Mercurius solubilis, Pulsatilla pratensis, Rhus toxicodendron, Sambucus nigra, Sepia officinalis
  • Zwei Mittel haben das spezielle Gefühl, als ob alles unten rausdrängt: Sepia officinalis und Bellis
  • Arnica montana/Bellis perennis: Arnicas Zerschlagenheit ist generalisierter. Blutungen, Faserrisse, Gelenkverstauchungen mit Bluterguss gehören eher zu Arnica montana.

Welche körperlichen Symptome weisen auf das Mittel hin?

  • Uterusblutungen nach Trauma oder Anstrengung
  • gynäkologische Beschwerden mit Kreuzschmerzen, „als ob alles unten herausfällt“
  • Schmerzen des Uterus und der Bauchdecke in der Schwangerschaft, so dass die werdende Mutter kaum laufen kann
  • wundes Gefühl im Uterus nach Geburt
  • Zerschlagenheitsgefühl mit Schwäche in den Beinen nach Geburt
  • Schmerzen der Brust nach Trauma oder Geburt
  • Magenschmerzen, die sich nach dem Essen, nach Druck und Zusammenkrümmen bessern
  • Erbrechen nach Essen von Äpfeln
  • Quaddeln, Erytheme, Ekzeme und Furunkel

Besserung/Verschlechterung

  • Die Symptome bessern sich durch fortgesetzte Bewegung, Massage, fortgesetztes Reiben.
  • Symptome erfahren Verschlechterung durch Berührung, kalte Bäder, Abkühlung wenn erhitzt, Kälte, nachts zwischen 2 und 5 Uhr.

Verhaltensauffällige Symptome von Bellis-perennis-Patienten 

Bellis-perennis-Patienten leiden unter einer grundlos gedrückten und gereizten Stimmung und unter einer bleiernen Müdigkeit, so dass das Gehen schwerfällt. Es besteht auch ein starkes Zerschlagenheitsgefühl.

Das Gänseblümchen in der Pflanzenheilkunde

"Ihre Inhaltsstoffe fördern die Produktion von Verdauungssäften mit Appetitsteigerung und sorgen für einen gesteigerten Blutdruck und hemmen dabei Entzündungen. In der Volksheilkunde lindert das Kraut, beispielsweise als Tee, Beschwerden bei Erkältung und Durchfall. Die enthaltenen Gerbstoffe wirken gut auf die Verdauungsorgane. Zudem unterstützen die frisch zerriebenen Blätter den Wundheilungsprozess, stillen den Schmerz bei Verstauchungen und den Juckreiz nach Insektenstichen.

Zudem sind Gänseblümchen bekannt für ihre antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung. Verantwortlich dafür sind die in Blüten, Blättern und Wurzeln enthaltenen Saponine. Diese Pflanzenstoffe lindern, als Tinktur oder Kräuteressenz verabreicht, zum Beispiel schwere Beine oder nächtliche Wadenkrämpfe.

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Das Gänseblümchen im Speiseplan

Blätter des Gänseblümchens enthalten ca. sieben Mal mehr Vitamin C als Kopfsalat und sind besitzen reichliche Mineralien und Spurenelementen, unter anderem Eisen und Magnesium. Die Blätter können als Wildkräuter einen Salat abrunden, die Knospen können eingelegt werden wie Kapern oder kurz in Olivenöl angebraten werden. Und auch auf dem Speiseplan der Pferde sind sie sehr beliebt.

Auch die wunderschönen Blüten sind essbar, haben allerdings einen leicht bitteren Geschmack. Bereits im Mittelalter wurde das Kauen der bitteren Gänseblümchenblüten vor dem Essen als Medizin gehen. Und neben der ganzen heilsamen Wirkungen sieht ein Salat mit ein paar Blüten als Topping sehr appetitlich aus.